Cover des Romans

Keloid - vom überleben und lieben

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Roman von Kristin Rubra

Der Debütroman der am Niederrhein aufgewachsenen Autorin Kristin Rubra erzählt über drei zeitliche Abschnitte hinweg von Kristina, die zunächst Anfang der 1980er Jahre in Michigan, USA, Medizin studiert.

Dort verliebt sie sich in einen Mitstudenten, der die Traumata seiner jüdischen Familie künstlerisch per Action Painting auslebt. Dass diese Beziehung für ihn nicht nur von Liebe grundiert, sondern auch eine Protestaktion gegen seinen Vater Leon ist, tritt immer stärker zu Tage. Denn Leon, ehemaliger GI bei den legendären „Thunderbirds“, die das KZ Dachau befreiten, ist strikt gegen „alles Deutsche“ und bemüht sich, das Paar auseinanderzubringen.

Der zweite Abschnitt spielt sieben Jahre später. Kristina arbeitet inzwischen als chirurgische Assistenzärztin in einem Düsseldorfer Krankenhaus, wo sie als Frau innerhalb eines radikalpatriarchalischen Ober- und Chefarztregime heftig zu kämpfen hat. Als sie zur Operation eines Opfers eines Verkehrsunfalls gerufen wird, liegt dort ebendieser Leon vor ihr auf dem OP-Tisch. Aus dem Wiedererkennen entwickelt sich eine Beziehung, die von Anziehung, Vertrauen, aber auch dem Fortleben traumatischer Verletzungen geprägt ist. Der dritte Abschnitt spielt nach dem Tod Leons im Jahr 2017 und erzählt und reflektiert die Geschichte dieser intensiven Begegnung weiter.

Es ist natürlich nicht nur wegen der eigenwilligen Charaktere und auch des langen „Beobachtungszeitraums“ von über 35 Jahren eine interessante Beziehungsgeschichte, die Kristin Rubra hier erzählt. In der beschriebenen Personenkonstellation greift sie eben auch das seit einigen Jahren erforschte Phänomen transgenerationeller Traumata auf. Hier konkret also die Auswirkungen des Holocausts auf die Überlebenden, ihre Nachkommen und das Verhältnis zu den Nachkommen der Tätergeneration. Geschrieben ist der Roman in einer formbewussten und angemessenen Sprache (mit einer Handvoll kleinerer Manierismen) und einem guten Gespür für Dramaturgie.

All das trägt dazu bei, dass insbesondere Leon mit seinen Erfahrungen, aus denen sehr positive, aber auch sehr negative Verhaltensweisen erwachsen, und seiner Suche nach einem Menschen, mit dem er seinen Frieden finden kann, lange in Erinnerung bleibt.

(TH)

Kristin Rubra: Keloid - vom überleben und lieben. Roman. Stroux edition, München 2024, 320 Seiten

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